Die Ausstellung war ursprünglich zusammen mit der Buchpräsentation für den 27. März 2020 vorgesehen. Durch Corona war dies nicht möglich. Nach mehreren Verschiebungen stand der endgültige Termin: 20. Mai bis 22. Juli 2022 im Kulturladen Gartenstadt. Wie schon die Kinoveranstaltungen steht die Ausstellung unter dem Motto: „Erinnern•Mahnen•geDENKEN•Geschichte erfahren“.
Die Ausstellung erfolgt in Kooperation mit der Stiftung Bayerische Gedenkstätten und wird unterstützt von der Stiftung „Nürnberg – Stadt des Friedens und der Menschenrechte“ sowie dem Kulturladen Gartenstadt.
Grundlage für die jetzige Ausstellung war die Ausstellung des Stadtarchivs aus dem Jahr 2001:
MAGDA WATTS: Trauma und Träume.
Die Nürnberg-Erfahrung ehemaliger Zwangsarbeiter und ihre Verarbeitung.
Neben diesem Schwerpunkt gibt es einen zweiten mit Auszügen aus dem Buch „Von Auschwitz nach Nürnberg – Das KZ-Außenlager der Siemens-Schuckertwerke“. Unter dem Titel „Sieben Frauen und ihre Schicksale“ werden ganz unterschiedliche Frauen aus dem Südfriedhoflager zusammen mit einer Einführung zum Thema präsentiert. Die Texte stammen von Dr. Alexander Schmidt, Thomas Muggenthaler, Gerhard Jochem und dem Medienladen e.V. Nürnberg.
Im Eingangsbereich des Kulturladens und im Flur gibt es mehrere Fotogalerien von den Informationsstelen und deren Entstehungsprozess, von verschiedenen Veranstaltungen zum KZ-Außenlager und mit Puppen bzw. Szenen von Magda Watts aus ihrem Nachlass.
Im Begegnungsraum werden ergänzend Videobeiträge in Endlosschleife gezeigt:
- Ausschnitte aus dem Festakt zur feierlichen Übergabe der Gedenk- und Informationstafeln zum ehemaligen KZ-Außenlager der Siemens-Schuckertwerke in Nürnberg, Montag, 13. Mai 2019
- „Ein lange vergessenes Lager – Das KZ-Außenlager der Siemens-Schuckertwerke in Nürnberg“ von Alexander Schmidt
Aufzeichnung aus der Begleitveranstaltung zur Übergabe der Stelen im „Roxy Renaissance Cinema“ am 21. Oktober 2019. - „My special angel“ – Magda Watts und ihre Puppen – Gesang: Magda Watts
Fotos und Zusammenstellung: Monika Wiedemann - „Von Auschwitz nach Nürnberg – Eva Keszler erinnert sich an ihre Zwangsarbeit“
Film eines Interviews – Medienladen Nürnberg e. V., 1996 - „Begegnungen mit Suzana Perl“ – von Thomas Muggenthaler
Aufzeichnung aus der Begleitveranstaltung zur Übergabe der Stelen im „Roxy Renaissance Cinema“ am 21. Oktober 2019. - „Liberation of the spirit – The journey of Magda Watts“
Intro zum Dokumentarfilm von Jennifer Resnick und David Fisher, 2000 - „Es stellte sich heraus, dass wir der SS unterstanden“ – Siemens-Arbeiterinnen als KZ-Aufseherinnen
Vortrag und szenische Lesung mit Nadja Bennwitz und Jule Schröter
Aufzeichnung aus der Begleitveranstaltung zur Übergabe der Stelen im „Roxy Renaissance Cinema“ am 21. Oktober 2019.
Puppe und Film
Eine knappe Woche vor der Vernissage kam bei einer Internetrecherche noch eine Puppe von Magda Watts als Suchergebnis. Schnell entschloss sich der Vorstand vom Bunten Tisch, die Puppe zu erwerben und damit die Ausstellung zu bereichern. Auch hier wurde unmittelbar vor Ausstellungseröffnung letzte Hand an die Vitrine gelegt, in der die Puppe ausgestellt ist.
Eine Nachfrage bei Hanna Watts ergab, dass sie sich an die Puppe erinnern konnte und sie als „Die Fischhändlerin“ bezeichnet wurde. Die Bodenplatte trägt eine Signatur von Magda Watts und lt. eines Aufklebers wurde sie in Jerusalem gekauft. Was mit der Puppe nach der Ausstellung passierte ist auf der verlinkten Seite zu lesen.
Über Hanna Watts, der Tochter der Lagerinsassin Magda Watts hatten wir durch Jascha März, dem wissenschaftlichen Mitarbeiter bei der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, Kontakt zur Filmproduzentin Jennifer Resnick erhalten. Sie hatte bereits in den 1990er Jahren den Film „Liberation of the spirit – The journey of Magda Watts“ produziert, der im Jahr 2000 veröffentlicht wurde. Aufgrund des Kontaktes stellte sie uns den Film auf DVD zur Verfügung und zwei Exemplare der Biografie von Magda Watts „Dafka“. Zusätzlich sandte sie uns kurzfristig eine Hommage an Magda Watts, die wir am Eröffnungstag der Ausstellung noch einbeziehen konnten.
Vernissage am 20. Mai 2022
Um 18.30 Uhr am 20. Mai 2022 sollte die Vernissage starten. Es begann jedoch kurz vorher ein heftiges Unwetter. Einige kamen noch durchnässt an, andere haben es aufgrund der Wetterbedingungen vielleicht nicht oder nicht pünktlich geschafft. Trotzdem war der Veranstaltungssaal im Kulturladen gut gefüllt.
Als Leiter des Kulturladens Gartenstadt begrüßte Antares Igel die Anwesenden. Es ist die erste Ausstellung des neuen Teams im Kulturladen.
In der Begrüßung seitens des Bunten Tisches hob Vorstandsmitglied Frank Hotze u. a. die Wichtigkeit des Erinnerns heraus: „… alle diejenigen, die in der letzten Corona-Zeit sich als Unterdrückte oder gar als Anne Frank oder Sophie Scholl fühlten, sollten einen Blick auf die Frauen dieses Lagers werfen, die dort keine Freiheit hatten. Auch das sind für uns Argumente gewesen, die Ausstellung, die für 2020 zusammen mit der Buchveröffentlichung zum Lager der Siemens-Schuckertwerke gedacht war und wegen Corona nicht stattfinden konnte, nun endlich fertigzustellen.“
Die Reihe der Grußworte begann mit dem Kooperationspartner der Stiftung Bayerische Gedenkstätten. Der Direktor der Stiftung Karl Freller richtete in seiner Videobotschaft den Blick auch auf die vielen Außenlager: „Die KZ-Gedenkstätten Dachau und Flossenbürg bilden unumstritten den Mittelpunkt der erinnerungskulturellen Landschaft in Bayern. Jahrzehntelang fast vergessen, aber historisch keineswegs weniger bedeutsam sind die mehr als 200 ehemaligen Außenlager der beiden Konzentrationslager.
…
Für unsere Erinnerungskultur sind sie unverzichtbar.“
Unterstützt wird die Ausstellung ferner von der Stiftung „Nürnberg – Stadt des Friedens und der Menschenrechte“. Für die Stiftung erhielten wir ein Grußwort von Martina Mittenhuber aus dem Menschenrechtsbüro der Stadt Nürnberg, das von Martina Sommer verlesen wurde und welches den Blick auch auf die Stadtteile richtet: „Nürnberger Bürgerinnen und Bürger haben sich gewissermaßen ein Recht auf Erinnerung erstritten. Und sie tragen mit ihrem Engagement, mit eigenen Recherchen, mit immer neuen Projekten, zum Beispiel der Errichtung von Erinnerungsorten in den Stadtteilen dazu bei, dass längst getilgte Spuren der Geschichte wieder sichtbar und Leerstellen in der Erinnerungskultur unserer Stadt gefüllt werden.“
Der Teil der Ausstellung „MAGDA WATTS: Trauma und Träume.“ wurde bereits im Jahr 2001 im Stadtarchiv gezeigt. In seinem Grußwort ging der Leiter des Stadtarchivs Dr. Arnold Otto u. a. auf das KZ-System ein: „Doch waren die Konzentrationslager in Wirklichkeit viel näher. Für staatliche Großprojekte wurden die Inhaftierten eingesetzt und auch Wirtschaftsunternehmen forderten sie an. Da das System aus Ausbeutung mit einem möglichst geringen Ressourceneinsatz bestand, war an dauerhaft weite Transporte für diesen Zweck nicht zu denken. Stattdessen entstand ein System von Außenstellen in der Nähe der Einsatzorte, an dessen Bau und Unterhalt die Inhaftierten nicht selten selbst beteiligt waren. Und diese Außenstellen brachten das KZ-System in die Nähe, in den Alltag und dadurch auch in die Wahrnehmung der dort lebenden Bevölkerung – auch wenn diese wohl gerne an den Lagern vorbeisah.“
In den Jahren des Engagements vom Bunten Tisch bestand auch immer eine Zusammenarbeit mit dem Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände und hier insbesondere mit Dr. Alexander Schmidt. Bei der Vernissage war Florian Dierl, Leiter des Dokuzentrums zu Gast und setzte in seinem Beitrag bei der Zwangsarbeit an: „Zwangsarbeit, die Millionen von Menschen aus ganz Europa im Zweiten Weltkrieg im Deutschen Reich verrichten mussten, war ein besonders sichtbares Kennzeichen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Die Beschäftigung mit diesem Thema gibt Aufschluss darüber, wie eine nach rassistischen Prinzipien geordnete Gesellschaft funktioniert und Praktiken der sozialen Exklusion nicht nur in der damaligen, sondern auch heutigen Gesellschaft wirksam werden. Mit der Ausstellung bewahrt der Bunte Tisch Gartenstadt und Siedlungen Süd das Andenken an die jüdischen Frauen, die im KZ-Außenlager um ihr Überleben kämpften, und mahnt die Wachsamkeit gegenüber rassistischen und fremdenfeindlichen Tendenzen in der heutigen Gesellschaft an. Die Initiative setzt damit ein wichtiges Zeichen für eine lebendige Erinnerungskultur in der Stadt Nürnberg.“
Der abschließende Beitrag an dem Abend kam wieder per Video und war eine Nachricht aus Eilat in Israel. Sie stammt von Hanna Watts, die über ihre Mutter Magda Watts spricht. Sie berichtet von 30 Puppen, die sich noch im Nachlass befinden und die sie uns als Fotos zur Verfügung gestellt hat. Sie liest auch aus den Memoiren von Magda Watts, dem Buch „Dafka“. Hier ein Beispiel: „Heute gibt es Menschen, die denken, dass die Juden, die überlebt haben, Helden sind. Ich glaube, dass genauso, wie es nicht meine Schuld war, als Jüdin geboren zu werden, so bin ich auch keine Heldin, nur weil ich überlebt habe. Jedes Lebewesen, das um seinen letzten Atemzug kämpft, auch wenn es um eine Maus geht, wenn du sie in die Ecke drängst, wird sie für ihr Leben kämpfen.“
Für viele der Teilnehmenden an der Vernissage, wirkten die verschiedenen Wortbeiträge wir eine kleine Geschichtsstunde und legten zusammen mit der Ausstellung den Grundstein für anregende Gespräche.
Finissage am 22. Juli 2022
Wie schon bei der Vernissage waren auch bei der Finissage am 22. Juli 2022 die Temperaturen hoch, dieses Mal jedoch ohne Unwetter. Das hochsommerliche Wetter schreckte jedoch die Interessierten nicht an der Teilnahme der Veranstaltung ab, die wie schon die Vernissage mit mehreren inhaltlichen Beiträgen gespickt war.
Einige kamen schon weit vor dem offiziellen Einlass ab 18.30 Uhr und nicht alle hatten die Information, dass das offizielle Programm erst um 19.00 Uhr beginnen sollte. An der Stelle noch einmal herzlichen Dank für die Geduld. Da einige noch spontan zur Finissage kamen, war der Veranstaltungsraum im Kulturladen wieder gut gefüllt.
In der Begrüßung zu dem Abend konnte das Vorstandsmitglied vom Bunten Tisch, Frank Hotze resümieren, dass über den Zeitraum der neun Wochen, in der die Ausstellung zum Sichten offenstand, immer wieder ein guter und interessierter Besuch zu verzeichnen war. Dies wurde seitens des Vorstands vom Bunten Tisch durch Anwesenheiten bei den Öffnungszeiten und auch vom Team des Kulturladens Gartenstadt bestätigt. Gerne wurde von Gästen auch eine Einführung durch die Vorstandsmitglieder des Bunten Tisches in Anspruch genommen.
Um die Anwesenden auf den Abend einzustimmen, wurde noch einmal die Videobotschaft von Hanna Watts zur Vernissage gezeigt.
Danach ging es weiter mit einer Lesung durch Réka Lörincz (Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg) aus der Autobiografie von Magda Watts, die uns freundicherweise vom Verlag testimon, Nürnberg zur Verfügung gestellt wurde. Die Auszüge aus dem von Monika Wiedemann aus dem Ungarischen übersetzten Text sind unter dem Titel „Wenn du aber lachst, will jeder bei dir sein“ in der Zeitschrift „transit nürnberg #1 erschienen.
Seit dem 1. Juni 2021 ist Annekatrin Fries Leiterin des Amtes für Kultur und Freizeit, die zuletzt im Geschäftsbereich der Bürgermeisterin Kultur die Stabsstelle Ehemaliges Reichsparteitagsgelände/Zeppelintribüne und Zeppelinfeld leitete. Das ihr gestellte Thema „Erinnerungsarbeit – Gehört sie zu den Impulsen, die in Nürnberg die Kultur der Zukunft braucht (oder gibt es davon schon genügend)?“ hatte zugegeben einen langen und etwas sperrigen Titel.
„Erinnerungsarbeit ist eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe zur Sicherung einer friedlichen, diskriminierungsfreien wie antirassistischen Gegenwart und Zukunft“, so Annekatrin Fries. Nach ihren Worten könne dabei eine Gesellschaft mit Erinnerungsarbeit niemals „fertig“ sein, vielmehr gelte es – und da seien die Impulse zivilgesellschaftlicher Initiativen ein steter Treiber – in immer neuen Formen daran zu arbeiten, jeder Generation den Zugang zu ermöglichen, mitzubestimmen, woran erinnert wird und wer sich erinnert. Bezogen auf unsere Aktivitäten formulierte sie: „Der Bunte Tisch Gartenstadt und Siedlungen Süd hat gemeinsam mit seinen Partnerinnen und Partnern durch die Ausstellung und vor allem die Informationsstelen vor Ort entscheidend dazu beigetragen, ein wichtiges Kapitel deutscher wie Nürnberger Geschichte vor dem Vergessen zu bewahren.“
Eine lange Vita gibt es auch von der Historikerin Nadja Bennewitz. Mit uns hat sie auch bereits Interviews mit Zeitzeugen zu dem KZ-Außenlager bzw. dem Lager in der Pachelbelstraße geführt und hat als Tätige am Lehrstuhl Didaktik der Geschichte der FAU mit Studierenden in einem Didaktik-Seminar eine Podcastserie zu dem Außenlager bzw. einzelnen Frauen darin initiiert. Ihr Thema lautete: „Leerstellen am Tatort als Chance – Historische Vermittlung an ehemaligen KZ-Außenlagern aus geschichtsdidaktischer Perspektive“.
„; Wie erinnern wir, wenn nichts mehr bleibt?‘: Ausgehend von dieser Fragestellung haben Studierende des Lehrstuhls Didaktik der Geschichte Podcasts zum ehemaligen KZ-Außenlager Nürnberg-Süd produziert“ erläuterte Nadja Bennewitz zum Einstieg. Denn das Einzige, was heute an dieses KZ-Außenlager erinnere, seien zwei große graue Tafeln. Und weiter trug sie vor: „Doch obwohl keine sichtbaren Spuren mehr vorhanden sind, kann der Ort zu einem relevanten Bezugspunkt werden: Wenn man etwas über das Geschehen weiß. Eine Vergegenwärtigung kann immer nur durch Vermittlung gelingen und durch die eigene historische Imagination. Dann können die Geschehnisse im räumlichen Kontext gelesen werden: Die Beziehungen des Lagers zur Außenwelt, das trotz strenger Bewachung keineswegs hermetisch abgeschottet war von der Zivilgesellschaft.“ Bennewitz ist der Meinung, dass das Fehlen materieller Überreste somit auch als Chance für historisches Denken und Forschen begriffen werden könne, wenn der historische Tatort als Ort der sozialen Praxis verstanden würde. Und weiter formulierte sie: „Was bedeutet die Leerstelle: Maßen und messen die Zivilgesellschaft und städtische Institutionen diesem Ort keine Bedeutung bei? Wann und weshalb sind die Hinterlassenschaften weggekommen? Warum gab es niemanden, der etwas dagegen unternommen hat? Wer initiierte Denkzeichen oder Informationstafeln? Da keine vorstrukturierten Narrationen oder didaktisch aufbereitete Präsentationen existieren, kann die Blickrichtung von den nationalen Narrativen hin zur Betrachtung konkreter lokaler Beispiele gelenkt werden können.“ Für sie wird dadurch die vor Ort zu erkundende NS-Vergangenheit Anknüpfungspunkt für Jugendliche, sich mit NS-Geschichte auseinanderzusetzen.
Abschließend konnten wir noch den Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten (diese war Kooperationspartner der Ausstellung), Karl Freller begrüßen. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit zollte er den Anwesenden seinen Respekt, dass sie an einem Freitagabend bei den Temperaturen bereits zweieinhalb Stunden dieser Veranstaltung beiwohnten. Er legte dann sein schriftliches Manuskript auf die Seite, um zu betonen, dass das gesprochene und geschriebene Wort gilt.
Herr Freller wies in seinem Beitrag u. a. auf die große Anzahl von KZ-Außenlager hin, die nicht irgendwo abseits und unsichtbar errichtet wurden, sondern flächendeckend und somit auch lokal vorhanden waren. Ihm sind die Erforschung und Sichtbarmachung der ehemaligen KZ-Außenlager wichtig. Auch die Homepage der Stiftung Bayerische Gedenkstätten soll diesbezüglich schrittweise ausgebaut werden.
Zweimal entspann sich an dem Abend eine längere und intensive Diskussion. In der Debatte wurde u. a. gefragt bzw. abgewogen, ob es immer die exakten Orte des Erinnerns braucht. Aus der Aussage, dass wir die Orte benötigen, wurde aber auch die Frage entwickelt, ob es irgendwann zu viele sein können. Werden sie dann noch wahrgenommen?
Ein weiterer Diskussionspunkt wurde mit der Frage „Wie es denn mit einer Nazivergangenheit in der eigenen Familie aussieht“ thematisiert. Solange noch Vorfahren leben bzw. Unterlagen aus der Zeit vorhanden sind, sollten wir in die eigene Familie hineinhören.
Ein zusätzlicher Aspekt in der Debatte war, dass für viele der Anwesenden nur ungenügend an Frauen und Männer des Widerstands erinnert wird.
Als nächstes wurde das Nürnberger Schubgefängnis südlich des Hauptbahnhofs angesprochen. Von 1907 bis 1950 war das Gefängnis, das Platz für 70 Inhaftierte bot, Durchgangsstation für etliche vom NS-Regime Verfolgte aus ganz Nordbayern. Laut Recherchen des Diskutanten haben hier zwischen 1941 und 1944 20.000 Deportationen stattgefunden. Aus seiner Sicht ist eine Digitalisierung des Bestands vom Staatsarchiv und eine wissenschaftliche Aufarbeitung dringend nötig. Betroffen waren die Anwesenden, als sie hören mussten, dass es am Nelson-Mandela-Platz zu diesem Sachverhalt immer noch keinen Hinweis gibt.
Nach Meinung von Frau Fries hat die intensive Diskussion an dem Abend noch einmal die in ihrem Beitrag genannte Bemerkung, dass Erinnerungsarbeit nie „fertig“ sei, unterstrichen und Anregungen gegeben, wie eine lebendige zukunftsorientierte Erinnerungskultur in Nürnberg aussehen könne, die die gesamte Gesellschaft in ihrer Vielfalt einbindet und ins heute blickt.
Nach diesen Beiträgen ging ein langer Abend mit einem Dank an alle Beteiligten zu Ende. Am 26. Juli war die Ausstellung noch ein letztes Mal geöffnet, am 28. Juli wurden die Tafeln abgehängt.
Abschließend sei hier das Ende des schriftlichen Redebeitrags von Herrn Freller zitiert, der eine Aussage des 2016 verstorben Überlebenden der Shoah, Max Mannheimer wiedergibt:
„Ihr seid nicht für das verantwortlich, was geschah. Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon.“
Max Mannheimer